Wie sich ein Monat anfühlt
Man könnte ja denken, während eines Auslandsjahres ist jeder Monat gefüllt mit besonderen Ereignissen und einmaligen Erlebnissen. Aus Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass man sich nach 3 Monaten aber langsam soweit eingelebt hat, dass sich das alltägliche Leben gar nicht mehr so besonders anfühlt.
Man lebt einfach im Hier und Jetzt ohne groß darüber nachzudenken. Deshalb hab ich auch im letzten Monat nicht viel zu erzählen gehabt. Nach der Arbeit mache ich oft Besorgungen in der Innenstadt, gehe am Strand entlang spazieren oder unternehme etwas mit meinen neu gewonnenen Freunden hier.
Am südlichsten Zipfel Südamerikas
An den Wochenenden ist dann schon mehr los bei mir – letzten Sonntag beispielsweise habe ich mit meiner Arbeitskollegin Sandra zusammen einen Tagesausflug zu Fuerte Bulnes gemacht, einer ehemals militärisch genutzten Siedlung. Das Leben dort muss im 19. Jahrhundert hart gewesen sein.
Fuerte Bulnes liegt inmitten atemberaubender Natur zwischen einzigartigen Pflanzen und Bergen und natürlich dem Meer. Dort in der Nähe liegt auch der Faro San Isidro – ein Leuchtturm am südlichsten kontinentalen Zipfel der Erde. Alles, was danach kommt, sind Inseln und die Antarktis. Den Faro San Isidro habe ich zusammen mit AFS Punta Arenas vor ein paar Wochen besucht. Der Weg dahin war lang und beschwerlich, aber der Schweiß und die Blasen haben sich gelohnt. Die Natur außerhalb von Punta Arenas ist der Wahnsinn und das Gefühl, wenn man tatsächlich am äußersten Ende der Welt steht, ist unbeschreiblich. Da hat AFS uns einen tollen Tag ermöglicht.
Auf Chile-Entdeckungstour
Von der Organisation kann ich im Übrigen auch weiterhin nur Gutes berichten. Vor 3 Wochen fand das erste von 2 Midstay-Camps statt. Wir haben das Wochenende in einem schönen aber kleinen Kaff namens Cunaco in der Mitte Chiles verbracht. Den Samstag konnten wir nutzen, um uns die Gegend anzuschauen, leckeren Wein aus der Region zu probieren und auf einem Frühlingsfest bei angenehmen 27 Grad zu tanzen. In Chile wird es jetzt nämlich immer wärmer – sogar hier im Süden nähern wir uns den 20 Grad am ein oder anderen Tag zur ein oder anderen Stunde. Das Wetter ist hier am Ende der Welt nicht sehr beständig.
Vielseitiges Land
In Cunaco war der zweite Tag leider auch nicht mehr ganz so warm. Den haben wir dann in unserer Unterkunft verbracht und über unsere ersten Auslandserfahrungen geredet. Es war wirklich interessant, was die anderen deutschen Freiwilligen in unterschiedlichen Städten Chiles auch für unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. Da wird einem wieder einmal mehr klar, wie vielseitig ein und dasselbe Land ist.
AFS hat uns dann auch nochmal Tipps, mit dem Kulturschock umzugehen, mitgegeben und dann haben wir uns wieder auf den Weg in unsere Städte gemacht – in meinem Fall bedeutete das 3,5 Stunden Inlandsflug über das wunderschöne Patagonien. Der ein oder andere Blick aus dem Flugzeug hat die Vorfreude auf meine bevorstehende Reise enorm gesteigert.
Wieder auf dem Boden hatte ich dann das erste Mal das Gefühl, dass meine interkulturelle Erfahrung richtig beginnt. Die ersten beiden Monate, in denen alles neu und aufregend ist, waren zu dem Zeitpunkt vorbei und ich werde meine deutschen Mitfreiwilligen das nächste Mal im April sehen. In diesem Moment wurde mir also klar, dass mir jetzt ein halbes Jahr waschechten chilenischen Alltags bevorsteht. Und darauf hatte ich mega Lust.
Auf der Arbeit
Wobei Alltag auch immer relativ ist. Zwar gehe ich jeden Tag die gleiche Zeit lang arbeiten in den gleichen Kursen und trotzdem ist kein Tag mit den Schülern wie der andere. Die letzte Woche war besonders schön im Taller Laboral. An einem Tag haben wir Apfelradl nach deutschem Rezept zubereitet – da habe ich das Kommando in der Küche übernommen und war am Ende des Tages schon ein bisschen Stolz auf uns.
Ein anderes Mal kam ein chilenischer Kinderheld namens Gato Juanito zu Besuch ins Centro anlässlich der jornadas. Das ist ein Tag, an dem viele Veranstaltungen in der Stadt stattfinden, um Spenden für die Rehabilitation in der gesamten Region Magallanes zu sammeln. Neben Musik- und Tanzaufführungen, hatten auch die Schüler des Centros einen Auftritt dort.
An einem anderen Tag war ich mit 3 Schülern alleine einkaufen. Das war zwar eine große Verantwortung für mich aber gleichzeitig hat es sich auch schön angefühlt, so viel Vertrauen geschenkt zu bekommen. Und die 3 sind auch tolle Menschen auf die man sich verlassen kann und mit denen man viel Spaß hat.
Generell haben sich die Schüler inzwischen in mein Herz geschlichen – mit Kuschelinvasionen oder gemeinsamen Tanzeinheiten bringen sie mich regelmäßig zum Lachen. Genauso wie meine Arbeitskollegen beim Versuch, deutsch zu sprechen – göttlich.
Sprach-Fortschritt
Ich will gar nicht wissen, wie mein Spanisch für die Chilenen klingen muss. Tatsächlich habe ich schon neue Wörter auf Spanisch erfunden oder durch das Vertauschen von Wörtern für missverständliche Situationen gesorgt. Aber es wird langsam mit der Sprache. Die eigens chilenischen modismos werden mir immer geläufiger und so bekomme ich inzwischen Fetzen aus schnellen Gesprächen zwischen Einheimischen mit. Und ich selbst kann jetzt immerhin auf Spanisch schon 3-stündige Konversationen führen, einen Prost aussprechen und Menschen beleidigen. Das ist ja schonmal essentiell für´s Beherrschen einer Sprache.
Nichts bereut
Wie man also sieht, geht es mir nach wie vor gut hier in Punta Arenas und ich lebe mich immer weiter ein. Die Entscheidung, hier her zu kommen, habe ich trotz ab und an auch weniger guten Tagen noch kein einziges Mal bereut – das sagt alles, denke ich.
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