Eine Woche feiern
Die Möglichkeit, den Nationalfeiertag eines Landes fern von Deutschlands Grenzen von innen mitzuerleben, hat nicht jeder. Ich hatte dieses Jahr die Möglichkeit, bei den Fiestras Patrias in Chile dabei zu sein und habe sie sehr genossen.
Heute ist der 18. September und somit der Nationalfeiertag Chiles. Vor genau 208 Jahren hat sich das Land seine Unabhängigkeit von Spanien erkämpft und bis heute wird das hier ganz groß gefeiert. Eine Woche lang finden unzählige fiestas statt – von Arica bis Punta Arenas.
Für den Magen
In letzterer Stadt habe ich 3 fiestas meiner Arbeitsstelle, einem Rehabilationszentrum für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung, miterlebt und ich kann nur sagen, dass ich selten so viel gute Stimmung geballt an einem Ort gespürt habe.
Bereits eine Woche vor dem 18. gab es ein Fest für uns Mitarbeiter des Zentrums anlässlich der Fiestas Patrias. Beim Betreten einer kleinen Hütte, in der wir zusammen gefeiert haben, kamen mir laute, chilenische Musik und fröhliche Gesichter entgegen. Eine Frau empfing mich herzlich mit einem terremoto – einem typisch chilenischen Cocktail mit Milcheis. Das war so lecker, dass ich seitdem 3 weitere terremotos getrunken habe – natürlich nicht alle an einem Abend.
An dem Abend der fiesta habe ich stattdessen die legendären chilenischen anticuchos versucht. Das sind Spieße mit verschiedenen Fleischsorten wie Schwein, Hähnchen, chorizo und salchichas sowie mit Zwiebeln und Paprika. Von denen musste ich tatsächlich direkt 3 an einem Abend essen, weil die so unglaublich lecker waren. Allzu viel Zeit blieb mir allerdings nicht, um mir den Magen vollzuschlagen.
Mein erster Cueca
Nachdem ich in Santiago bereits professionellen Tänzern beim Tanzen des chilenischen Nationaltanzes cueca zugeschaut hatte, wusste ich nicht, dass dieser auch auf legeren Festen oft getanzt wird. Umso mehr habe ich mich gefreut, als die Tanzfläche in der Hütte dann geräumt wurde, um Platz für genau ein Tanzpaar zu machen. Der Mann – Benjamín – war sogar ein Arbeitskollege aus der gleichen Abteilung im Zentrum, in der auch ich arbeite. Die beiden haben einen schönen cueca getanzt und der Rest hat im Rhytmus der Musik dazu geklatscht.
Als das Lied zu Ende war, haben die beiden sich dann neue Tanzpartner gesucht und Benjamín hat tatsächlich mich zum Tanz und somit zu meinem allerersten cueca aufgefordert. Obwohl ich den Tanz nur von 2 Mal zusehen kannte, blieb mir keine andere Wahl, als mit ihm zu tanzen – alle im Raum haben uns angefeuert. Und so hab ich einfach mein bestes gegeben und wurde hinterher auch dafür gelobt. Für meinen ersten cueca war das wohl gar nicht mal so schlecht und ein tolles Erlebnis noch dazu.
Anschließend haben wir ein Spiel gespielt, an dessen Ende eine Königin und ein König des Abends gewählt wurden, bevor die Tanzfläche dann wieder frei war und so ziemlich jeder in der Hütte getanzt hat. Die gute Stimmung hat jeden im Raum angesteckt.
Viva Chile
Gute Stimmung gab´s aber nicht nur an dieser einen fiesta. Die beiden letzten Tage im Zentrum vor der freien Woche waren genauso davon geprägt. Die Wände und Decken waren geschmückt in rot, blau und weiß – den Farben der chilenischen Flagge. Eine von einem Mitarbeiter – Chris – selbst bemalte, riesige Leinwand begrenzte eine kleine Bühne und zeigte den Norden, das Zentrum und den Südens Chiles.
Unter diesem Motto führten die Kinder auch verschiedene Tänze auf der Bühne auf. Passend zu einem bestimmten Abschnitt des Landes, waren auch alle Kinder und wir tías und profes gekleidet – in meiner Abteilung waren wir Chiloten. Das sind die Bewohner der südlichen Insel Chiloe, die für ihre selbstgemachten Pullis, Mützen und Stulpen aus dicker Wolle, der lana de guinee porra, bekannt sind. Meine Arbeitskollegen Darío und Maximiliano haben mir einen Pulli und Stulpen aus Chiloe geliehen und somit war auch ich eine Chilotin. Und die chilotischen Wollsachen halten einen echt richtig warm. Kaum zu glauben, dass wir in den dicken Pullis im gleichen Raum wie die als rapanui – knapp bekleidete Bewohner der chilenischen Osterinseln – verkleideten Kinder saßen.
Juegos típicos
Nachdem alle ihre Tänze aufgeführt hatten, konnten sie typisch chilenische Spiele spielen. Da gab es beispielsweise ein Spiel, bei dem man einen dotzenden Tischtennisball in auf dem Boden aufgebaute Trichter befördern musste oder eins, bei dem man mit seinen Händen in einer Kiste voller Erbsen-artiger Steine nach seinem Preis suchen musste. Neben diesen Spielen sind auch Dosenwerfen und Entchenangeln in Chile verbreitet und bereiteten den Kindern großen Spaß.
Noch mehr für den Magen
Anschließend folgte dann ein weiteres großes Highlight – typisch chilenisches Essen. Neben den bereits erwähnten anticuchos gab es sopaipillas con pebre (ein Gebäck, das man in einen Tomate-Knoblauch-Dip tunken kann), choripan (Brot mit der würzigen Wurst chorizo), completos (chilenische Hot Dogs mit salchichas und Avocado-Creme) und natürlich die berühmten empanadas.
Letztere haben wir zuvor sogar mit den Kindern selbst gebacken,mit Hackfleisch & Ei oder mit Schinken & Käse gefüllt und frittiert – köstlich.
Trotz all des leckeren chilenischen Essens hat sich ein chilenisches Gebäck namens alfajores con manjar y coco zu meinem Favoriten durchgemausert. Das sind Keks-ähnliche Gebäckstücke, die eine Schicht der chilenischen Creme manjar umgeben. Am Rand der Creme sind oftmals Kokos-Streusel zu finden, die dem ganzen noch die Krone aufsetzen. Diese alfajores haben es mir echt angetan.
Die Woche ist noch nicht vorbei
Genauso wie die gesamten Fiestas Patrias. Man merkt, wie lieb die Chilenen ihr Land haben und wie fröhlich sie die Festtage über sind. Damit haben sie auch mich angesteckt. Und was ich in der freien Woche so treibe, gibt´s im nächsten Beitrag zu lesen.
Margarete Schuwerack
Liebe Maren, wir sind ganz begeistert von Deinem Blog und immer gespannt wie es weitergeht. Vor 25 und 26 Jahren waren wir selber in Chile, in der Ecke wo du jetzt auch bist,haben die Insel Chiloe besucht und vergeblich versucht einen passenden Pullover zu finden – alle zu klein! Und die Empanadas, Anticuchos und Chorizo – ach einfach lecker. Dein Blog weckt alle Erinnerungen wieder und wir haben auch schon die alten Fotos wieder hervor geholt…. Danke, danke und nochmals danke
Viele Grüße Claus und Maggy Schuwerack
Maren
Das ist so, so schön zu hören! Freut mich, dass ihr so schöne Erinnerungen an Chile habt. Das ist aber auch ein tolles Land und ich kann es kaum abwarten, mehr davon zu sehen – nach Chiloe möchte ich beispielsweise auch noch reisen. Da nehm´ich euch dann natürlich über den Blog mit. 🙂
Liebe Grüße aus Punta Arenas, Maren