Letzter Halt
Nachdem ich über 4 Wochen durch Chile getrieben bin, hat sich meine Reise dann langsam ihrem Ende zugeneigt – jedoch nicht ohne eine der größten Inseln Südamerikas besucht zu haben. So wurde das im nördlichen Patagonien liegende Chiloé zum letzten und gleichzeitig heiß ersehntesten Ziel meiner Reise.
Sobald das Schiff den Chacao-Kanal überkreuzt hatte und in der Abendsonne am Ufer Chiloés anlegte, wusste ich, dass dieser Ort ein besonderer ist. Auf dem Weg in die im Norden der Insel liegenden Stadt Ancud habe ich aus dem Busfenster geschaut und grüne Wiesen und Wälder, kleine Hütten und friedlich grasende Farmtiere gesehen. Ab und zu tauchte auch ein Fluss auf oder das Meer blitzte durch die Wälder hindurch. Der ganze Ort schien so ruhig und harmonisch zu sein und trotzdem so schön.
In Ancud angekommen, ging gerade die Sonne unter. Wer mich kennt, der weiß, dass ich Sonnenuntergänge liebe und schon viele in meinem Leben gesehen hab. Doch dieser Abend war geziert von einem der schönsten Sonnenuntergänge, die ich je erlebt habe. Es war einer dieser besonderen Sonnenuntergänge, bei denen man sich durchgehend fragt, wie unsere Erde so schöne Bilder für´s Auge schaffen kann.
Größte feria Chiloés
Von Ancud habe ich sonst erstmal nicht viel gesehen, weil es am nächsten Tag direkt weiterging in die kleine Stadt Dalcahue. Dort gibt es nicht nur unglaubliche viele kleine Schiffe an der Küste, Dalcahue beherbergt wohl auch die größte feria Chiloés – und das muss angesichts der Tatsache, dass Chiloé für seine tollen ferias bekannt ist, schon was heißen. Man kann dort ganz viel handgemachten Schmuck, aus Holz gefertigte Souvenirs und natürlich die berühmten Wollmützen der Insel kaufen.
Da Chiloé von diversen Mythen geprägt ist, lief auf der feria Dalcahues beispielsweise auch ein verkleideter trauco herum. Der Legende nach ist das eine kleine, hässliche Kreatur, die trotzdem eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Frauen hat. Weiß eine schwangere Frau also nicht, wer der Vater ist, so verdächtigen die den Legenden glaubenden Chiloten den trauco als Verantwortlichen für die Schwangerschaft.
Von dieser Legende habe ich in einem kleinen Museum erfahren, das ich während eines Spaziergangs an der Küste entlang entdeckt habe. Auf der anderen Seite der Küste sah ich die Insel Achao, auf die es mich gemeinsam mit einer sympathischen Hostel-Bekanntschaft als nächstes gezogen hat.
In einem kleinen öffentlichen Bus ging es auf die Fähre nach Achao bis in kleines Städtchen auf der Insel. Dort haben wir dann den späten Nachmittag am Strand verbracht und die Aussicht auf´s Meer mit seinen unzähligen Schiffen und Chiloé im Hintergrund genossen.
Kirchen über Kirchen
Den nächsten Tag habe ich dann in der größten Stadt Chiloés, Castro, verbracht. Dort habe ich das einzige Mal größere Menschenmassen sowie viel Verkehr auf den Straßen Chiloés gesehen. Der Charme der Stadt liegt allerdings etwas außerhalb, wo Häuser an der Küste auf Stelzen im Wasser stehen – wunderschön anzusehen.
Auch die Kirche Castros beeindruckt. Kirchen findet man auf Chiloé jedoch in absolut jedem noch so kleinen Städtchen. Es gibt nicht nur eine Route auf der Insel, die sich nach den Kirchen richtet, sie wurden sogar auch zum Weltkulturerbe erklärt.
Ab in die Natur
Auch im sehr kleinen Ort Quemchi, den ich anschließend besucht habe, stand eine kleine, bunte Kirche am plaza de armas. Dort habe ich ein wenig gesessen und die Ruhe genossen, bevor es dann weiter zum Wasserfall Cascada de Tocoihue ging.
Trotz des eher geringen Busverkehrs auf der Insel, der den Transport zum Wasserfall schwierig gestaltete, hatte ich Glück und kam recht schnell an. Dort habe ich nicht nur die Natur genossen und mich mit einer unglaublich liebenswürdigen Familie aus Valdivia unterhalten, sondern auch eine Freundin aus meiner Heimat Darmstadt getroffen. Wir waren zufällig gleichzeitig auf Chiloé und wollten das unbedingt nutzen, um uns zu sehen. Selbst am anderen Ende der Welt trifft man noch auf Nachbarn seiner Heimat.
Meinen vorletzten Tag habe ich dann nach reichlichen Städteaufenthalten auf Chiloé komplett in der Natur der Insel verbracht. Die erste Hälfte des Tages bin ich das Muelle de las Almas über Stock & Stein und über Berg & Tal entlang gewandert, bis ich schließlich an dem berühmten Steg direkt am Meer stand. Das Wetter an diesem Tag war grau und die Felsen im stürmischen Meer wirkten furchteinflößend. Ihr Anblick war atemberaubend.
Auf dem Rückweg habe ich dann noch einen 2-stündigen Halt in Cucao am parque nacional de Chiloé gemacht. Zwar waren die Wege matchig, dafür waren die Wegränder umso schöner. Ich war sehr fasziniert von der Vielfalt des Parks – im einen Moment läuft man durch einen Wald, dann folgen weite Wiesen, bis man sich plötzlich in einem dichten Geäst einer anderen Art von Wald wieder findet. Und wenn man aufmerksam ist, erhascht man durch die Bäume nicht nur einen Blick auf den angrenzenden See, man kann auch kleine Eidechsen vorbei flitzen sehen. Außerdem hat einem Vogelgezwitscher den Weg versüßt.
Letzter Blick auf´s Meer
Kaum konnte man die Schönheit Chiloés richitg genießen, brach auch schon der letzte Tag meiner Reise an. Zurück in Ancud habe ich einen letzten Ausflug ans Meer unternommen – zum Leuchtturm Faro de Corona. Da dort keine Busse hinfuhren, ich von der Gängigkeit und Sicherheit des trampens auf Chiloé gehört hatte und es mir an der Rezeption meines Hostels ebenfalls empfohlen wurde, bin ich gemeinsam mit der sympathischen Hostel-Bekanntschaft das erste Mal in meinem Leben getrampt. Eine tolle Erfahrung, die ich froh bin, auf Chiloé gemacht zu haben – trampen lässt sich sicherlich nicht an vielen Orten der Welt sorglos genießen.
Die Insel an einem für sie typischen, verregneten Tag zu erleben, war ebenfalls eine tolle Erfahrung, die uns jedoch nicht abgehalten hat, den Leuchtturm zu besichtigen. Besonders der Blick von der Spitze des Leuchtturms auf´s Meer war großartig und ein guter Abschluss meiner gesamten Reise. Da kam dann auch wieder die Sonne raus.
Perfekter Abschluss
Chiloé ist ein ganz besonderer Ort, der sich mit keinem anderen dieser Welt vergleichen lässt. Was mir hier alles an wunderschöner Natur und vielfältiger Kultur begegnet ist, lässt sich gar nicht alles in Worte fassen. So lag eines der schönsten Ziele passend am Ende meiner langen Reise. Gleichzeitig konnte ich in der harmonischen, friedlichen Atmosphäre der Insel nach 5 doch irgendwann anstrengend werdenden Reisewochen zur Ruhe kommen und meine unglaubliche Reise durch Chile noch einmal Revue passieren lassen – das perfekte Ende einer wunderbaren Zeit, die ich sicher nie vergessen werde.
Schreibe einen Kommentar