Grüner Süden

Von Chiles Norden und Chiles Mitte hatte ich jetzt schon einiges gesehen – fehlte nur noch der grüne Süden überhalb Patagoniens. So zog es mich nach Valdivia.

Auf Erkundungstour

Valdivia ist ein kleines, wunderschönes Städtchen und liegt an 3 Flüssen. Da ich während meines Aufenthalts dort bei Jorge, dem Cousin meines Gastvaters, untergebracht war und gleichzeitig noch eine Freundin von ihm, Marcela, zu Besuch war, konnte ich mit ihr zusammen die Stadt erkunden. Aber zuerst einmal hat Jorge mich nach einer Busfahrt durch grüne Landschaften am vermutlich schönsten Bus-Terminal Chiles abgeholt und mir in seinem Zuhause seine Frau Connie, seinen Hund Luna und den gedeckten Frühstückstisch gezeigt. Nach dem Frühstück ist er dann zur Arbeit gegangen und Marcela und ich haben uns auf Erkungstour begeben.

Wir sind zuerst an einer Menge blau-lilaner Hortensien vorbei zu einem kleinen Fluss gelaufen und haben dort den Enten beim Schlafen zugesehen. War ein sehr schöner Ort.

Anschließend sind wir am Ufer eines größeren Flusses entlang gelaufen. Als wir gerade über den Fischmarkt schlenderten, fragte uns ein Mann, ob wir nicht Lust auf eine kleine Bootstour haben. So sind wir über die 3 Flüsse gefahren und haben die zweitgrößte Hafenwerkstatt Chiles gesehen sowie das einzige Haus am Flussufer, dass das starke Erdbeben von 1960 überlebt hat.

Leckereien

Nachmittags haben wir Jorge dann von seiner Arbeit abgeholt und sind gemeinsam in eine chocolatta in Valdivia gegangen, um uns den Tag wortwörtlich zu versüßen. Marcela hat die in Chile berühmten churros con manjar gegessen und ich habe mir mit Erdbeeren und Vanillesoße gefüllte panqueques bestellt – köstlich.

Und während wir da so saßen fuhren draußen plötzlich ganz viele Oldtimer mit lautem Gehupe vorbei. Das war der Startschuss für das diesjährige Bierfest in Valdivia. Kein Scherz – das Fest hatte einen deutschen Namen und erinnerte sehr an das Münchner Oktoberfest. Da wurde der starke deutsche Einfluss im Süden Chiles erkennbar.

Torobayo, Bock & Anwandter

Da sich in Valdivia die bekannteste Bierbrauerei Chiles, Kunstmann, befindet, gab es auf dem Bierfest ausschließlich Biere dieser Marke zu trinken. Jorge, Marcela und ich haben uns abends dann durch alle möglichen Sorten von Anwandter über Bock bis hin zum beliebten Torobayo durchprobiert und dabei die bayerische Volksmusik auf dem Bierfest genossen.

Doch Bier war nicht der einzige Genuss für die Gaumen auf dem Fest. Neben completos und anticuchos wurde auch das regional verbreitete crudo verkauft. Das ist mit Mayonnaise, Senf, Zwiebeln, Zitronensaft und magerem Rinderhackfleisch bestrichenes Toast und sehr lecker. Bei dem ganzen Bier brauchte man natürlich auch Essen im Magen.

Trotzdem war irgendwann der Punkt erreicht, an dem die Besucher des Fests auf den Tischen tanzten un lauthals die Lieder mitsangen – ein Jeder kannte das deutsche Lied „Das rote Pferd“, so auch Jorge. Er hat mir außerdem begeistert Helene-Fischer-Lieder sowie Jodellieder aus der Schweiz, der Heimat seiner Vorfahren gezeigt. Er spricht sogar deutsch und ist damit lang nicht der einzige in Valdivia.

Am Meer

Folgt man in Valdivia einem der Flüsse, so gelangt man auf einen offenen Meeresarm. Auf der anderen Seite dieses Arms befindet sich das kleine Städtchen Corral, in dem wir die beiden darauffolgenden Tage verbracht haben.

Zuerst haben Marcela und ich eine weitere Bootstour dorthin mitgemacht, auf der wir nicht nur die Gegend vom Wasser aus gesehen und interessante Fakten zur Umgebung zu hören bekommen haben, sondern auch eine sehr leckere, ebenfalls regional verbreitete Mahlzeit namens curanto vorgesetzt bekommen haben. Das bestand aus Kartoffeln und vielen verschieden Fleischtypen von Schwein über Hähnchen bis hin zur salchicha. Was mich aber am meisten auf dem Teller gefreut hat, waren die Muscheln. Wer mich kennt, der weiß, dass ich frische Muscheln aus dem Meer vergöttere. Seit 3 Jahren hatte ich keine mehr zwischen die Zähne bekommen bis zu diesem Tag.

Das Highlight des Tages spielte sich dann jedoch an Land ab – in Corral führten Jugendliche die Freiheitskämpfe chilenischer Soldaten gegen die spanische Flotte nach und begeisterten damit die schaulustigen Besucher. Am Ende konnten sie sogar noch Bilder mit den „gefallenen Soldaten“ schießen.

Da es an diesem Tag ungewöhnlich heiß für die Region war, haben Marcela und ich uns anschließend am Ufer ein bisschen ausgeruht. Als ich so mit den Füßen im Wasser stand und die Sicht genossen hab, hab ich plötzlich etwas an meinem Fuß gespürt. Ein Blick runter verriet mir, dass da gerade ein Krebs über meinen Fuß spazierte. Bei genauerem Hinschauen habe ich 3 verschiedene Krebse im Wasser bemerkt und sie ein Weilchen beobachtet, bevor es dann mit dem Boot zurück nach Valdivia ging.

Auf der Rückfahrt war dann richtig gute Stimmung auf dem Schiff – ein alter Mann hat gesungen, die Leute zum mitsingen animiert und schließlich auch zum Tanzen aufgefordert. So habe auch ich mit ihm getanzt – ein toller Abschluss eines tollen Tages.

Letzter Tag

Am nächsten und gleichzeitig letzten Tag in Valdivia haben wir dann mit der ganzen Familie einen Ausflug nach Corral unternommen, diesmal mit dem Auto. Als wir an der Küste entlang gefahren sind, war der Ausblick unglaublich.

Nachdem wir uns mit einem Fisch namens congrio gestärkt hatten, sind wir dann noch in einem kühlen Fluss direkt an der Grenze zum Meer baden gegangen und haben dort noch ein bisschen die Sonne genossen, bevor es dann in der Abendsonne wieder heim ging. Schließlich wollten wir es noch rechtzeitig für einen weiteren, letzten Besuch auf dem Bierfest schaffen.