Zurück am Arbeitsplatz
Nachdem ich auf meiner Reise verschiedenste Städte und Landschaftsbilder Chiles gesehen habe, habe ich in den ersten vier Wochen zurück in Punta Arenas im Centro de Rehabilitación in verschiedensten Kursen gearbeitet – Chile ist und bleibt vielfältig.
Meine erste Arbeitswoche lief noch ziemlich ruhig ab. Lediglich die profes und die zur Unterstützung dienenden técnicos waren im Centro anzutreffen. Als die Kollegen herzlich begrüßt und Reisegeschichten euphorisch ausgetauscht waren, verkündeten die Chefs die Änderungen im Centro zum neuen Jahr.
Organisatorisches zuerst
Neue profes und técnicos wurden vorgestellt, alten profes wurden neue Kurse zugeteilt und alte técnicos wurden neu darauf verteilt. Anschließend bereiteten die profes mit ihren jeweiligen técnicos ihre Säle vor. Da half ich mal da und mal dort.
Den Rest der Woche haben wir damit verbracht, uns Seminareinheiten zu allen möglichen Themen anzuhören – wie man richtig atmet und seine Stimme richtig verwendet, wie man richtig erste Hilfe leistet und wie man Geräte für körperlich eingeschränkte Schüler richtig benutzt. Alles in allem zwar sinnvoll, auf Dauer aber doch sehr ermüdend – erst Recht, wenn man sich das alles auf einer Fremdsprache anhören und somit umso mehr Konzentration aufbringen muss.
Endlich geht es richtig los
Deshalb war ich nicht die einzige, die sich sehr gefreut hat, als eine Woche später dann die Schüler auch endlich wieder im Centro eingetroffen sind. Besonders die, aus dem Taller Laboral hatte ich auf meiner Reise doch schon sehr vermisst. Dementsprechend liebevoll ist das Wiedersehen dann ausgefallen.
Da sich die profes, técnicos und Schüler in den ersten 3 Wochen erstmal kennenlernen mussten, gab es in manch einem Kurs mehr zu tun, als in einem anderen. Ich als Freiwillige habe in dieser Zeit deshalb als Springer fungiert und habe immer in dem Kurs gearbeitet, in dem sie gerade 2 helfende Hände mehr gut gebrauchen konnten.
Zwischen Ruhe & Chaos
So war ich die erste Woche vormittags überwiegend in einem Kurs im Taller Laboral eingesetzt, indem die profe noch nicht eingetroffen war und die técnico somit allein mit 6 geistig behinderten Schülern war, die ab und zu mal schwierig sein können. Außerdem brauchte es spätestens beim Windel wechseln der beiden Rollstuhlfahrer in dem Kurs 2 Personen.
In diesem Kurs war es so, dass wir den Großteil der Zeit ruhig und friedlich mit kleinen Arbeiten verbracht haben. Wenn dann aber mal Unruhe aufkam, dann alles auf einmal – da wacht der verschlafene Junge mit schlechter Laune auf und schlägt seine Mitschülerin, während eine weitere Schülerin nach dem Muffin auf dem Regal greift und dabei vom Stuhl fällt, die nächste Schülerin eine volle Saftflasche vom Tisch schmeißt, deren Mitschüler sich in die Hose pinkelt und der letzte im Bunde die Tür aufmacht und raus rennt. In solchen Momenten muss man einfach kurz durchatmen und dann eines nach dem anderen wieder in Ordnung bringen. Die técnico und ich haben das ganz gut hinbekommen und die Schüler sind mir in dieser Woche noch mehr ans Herz gewachsen.
Mal da, mal dort
Nachmittags habe ich den Großteil der ersten Woche im Kurs de los medio mayores verbracht. Dieser Kurs ist Teil des sprachlichen Parts der Schule, in dem ich ebenfalls letztes Jahr in einem Kurs mit 5-jährigen Kindern eingesetzt war. Die medio mayores sind mit ihren 3 Jahren die jüngsten Schüler und waren somit in der ersten Woche dieses Jahr auch das erste Mal von ihren Eltern getrennt. Das hat für sehr, sehr viele Tränen gesorgt, die dann von teilweise 6 profes und técnicos gleichzeitig im 15-köpfigen Kurs getröstet wurden – am besten mit Durchkitzeln und gemeinsamem Spielen.
In der 2. und 3. Woche war ich gefühlt in jedem Kurs des Centros einmal eingesetzt – ob bei der Sicherheitsbelehrung in der Holzwerkstatt des Taller Laborals, beim Lieder singen mit den 3-jährigen Kindern mit Down-Syndrom, beim Sprachunterricht der 5-jährigen Schüler oder beim Tanzen mit den Jugendlichen des Pre-Tallers.
Land der Vielfalt
Die ständigen Kurswechsel sind zwar auf Dauer echt anstrengend, auf der anderen Seite bieten sie einem aber auch tolle Möglichkeiten. Nicht nur, dass ich mit vielen Kollegen und Kolleginnen zusammen arbeite, mich mit diesen endlich richtig unterhalten kann und mich so bei den Kollegen dieses Jahr integrierter fühle, ich lerne auch ihre unterschiedlichen Arbeitsweisen und natürlich viele Persönlichkeiten in den Kursen kennen. Jeder Schüler hat seine eigene Geschichte.
Wie man also sieht, wird es selbst nach 7 Monaten in Chile lange nicht langweilig. Das Land bietet einem Vielfalt in sämtlichen Lebensbereichen und kann jederzeit für eine Überraschung sorgen – genau das liebe ich an Chile. Und ich bin sicher, dass auch die verbleibenden Monate noch die ein oder andere Überraschung für mich parat haben werden.
Doch eines bleibt gleich: Meine gelegentlichen Abendspaziergänge nach der Arbeit an der Estrecho de Magallanes entlang.
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